Wie nutzen wir Wasser? Wie steht es um unsere Wasserressourcen? Welchen Einfluss hat der Klimawandel? Wichtige Fragen, auf die es oft keine einfachen Antworten gibt. Nur eins ist sicher: Der Klimawandel stellt die Wasserwirtschaft vor neue Herausforderungen, weshalb wir auch im Kompetenzzentrum Wasser Berlin intensiv an diesen Themen arbeiten.
Viele Regionen, auch unsere Heimatregion Berlin-Brandenburg, kämpfen mit Starkregen und Trockenheit, Lösungen für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung müssen her. Der Wasserbedarf der Bevölkerung, Industrie und Landwirtschaft muss genauso langfristig gedeckt werden wie der unserer Ökosysteme, Wälder und Feuchtgebiete. Brandenburg leidet bereits unter starkem, Berlin unterzunehmendem Wasserstress. Geringe Niederschlagsmengen von deutlich unter 600 Millimetern pro Jahr führen unter anderem zu sinkender Grundwasserneubildung, zu Ernteausfällen oder zur Schädigung des Waldbestands. Anhaltende Trocken- und Hitzeperioden wie in den letzten Jahren verschärfen die Situation noch.
Wasserwiederverwendung europaweit
Um die Wasserressourcen zu entlasten, ist die neue EU-Verordnung 2020/741 über „Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung“ seit Juni 2020 in Kraft. Die Verordnung gilt bisher nur für die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen mit aufbereitetem Abwasser. Ab Juni 2023 ist die Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten gültig.
Länder wie Spanien, Frankreich oder Zypern nutzen aufbereitetes Abwasser bereits erfolgreich zur Bewässerung. Die Wassernot dort macht dies seit vielen Jahren notwendig. Die unterschiedlichen Praktiken werden nun europaweit vereinheitlicht und Mindestanforderungen insbesondere zur hygienischen Wasserqualität festgelegt. Grundlage dafür sind Standards der WHO.
Allerdings bleiben bei der Vereinheitlichung einige Fragen offen. Beispielsweise werden Gefahren der Wasserwiederverwendung für die Umwelt zwar im Risikomanagement berücksichtigt, jedoch sind Umsetzung und Gegenmaßnahmen nicht konkret aufgeführt. Stattdessen sollen Anforderungen standortspezifisch definiert werden, um Umwelt- und Gesundheitsrisiken zu minimieren, was mit enormem Aufwand bei Risikobewertungen und -präventionen verbunden ist.
In Deutschland wird geklärtes Abwasser in Flüsse oder andere Oberflächengewässer abgeleitet und kann, wie in Berlin, wieder in den regionalen Wasserkreislauf zurückgeführt werden. In trockenen Regionen entspricht der Anteil des Kläranlagenablaufs im Gewässer saisonal teils mehr als 50 Prozent der geführten Wassermenge. Damit stellt er einen wichtigen quantitativen Anteil zum notwendigen Mindestabfluss der Gewässer dar.
Umstritten: Abwasser in der Landwirtschaft
Unsere Forschungsprojekte widmen sich unter anderem der Minimierung von Qualitätsrisiken bei der Wasserwiederverwendung So wurden im EU-Projekt AquaNES Synergien zwischen technischen und naturnahen Wasseraufbereitungsprozessen demonstriert, um den Gehalt an Bakterien und Viren sowie an anthropogenen Spurenstoffen (z.B. Medikamentenrückstände) zu reduzieren. In Berlin wurde die Kombination einer Ozonbehandlung mit bepflanzten Bodenfiltern sowie Aktivkohlefiltern zur Behandlung des Kläranlagenablaufs als mögliches Verfahren der weitergehenden Abwasserreinigung getestet. Nach der neuen EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung könnte das so aufbereitete Abwasser für die Bewässerung landwirtschaftlicher Produkte, die nicht zum Rohverzehr gedacht sind, eingesetzt werden.
Ob die neue EU-Verordnung tatsächlich Anreize für die Wasserwiederverwendung in Deutschland schafft, bleibt fraglich. Laut einer Studie des UBA von 2016 gäbe es für die Landwirtschaft ausreichend Wasserressourcen in Deutschland, obwohl mit einem Anstieg der Bewässerungsmenge von lokal bis zu 75 % gerechnet wird. Die Kosten für den benötigten Infrastrukturausbau (z.B. für den Wassertransport von Kläranlagen zu den Feldern) erscheinen hoch. Es bieten sich zudem andere Maßnahmen an, um auf den Klimawandel zu reagieren: zum Beispiel die Anpassung der Nutzpflanzen oder wassersparende Bewässerungstechniken.
Die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung ist also technisch möglich, allerdings sind deren Bedarf und Umsetzung in Deutschland umstritten. Gereinigtes Abwasser wird zum Teil schon heute in Berlin und Brandenburg für die Unterstützung von Wasserhaushalten der Umwelt und indirekt zur Trinkwasserversorgung genutzt. So richten etwa die Berliner Wasserbetriebe auf der Kläranlage Schönerlinde – deren Ablauf auch zur Bewässerung der umliegenden Wald- und Wiesenlandschaft genutzt wird – eine weitergehende Abwasserreinigung zur Entfernung von Arzneimittelrückständen ein. Damit stände einem Einsatz von gereinigtem Abwasser in der Landwirtschaft kaum noch etwas im Wege – bis auf die Konkurrenz zur bisherigen Wassernutzung, wie dem Mindestabfluss der Gewässer, der Grundwasserneubildung oder anderen Bewässerungen. Letztlich sind also stets ganzheitliche Wassernutzungskonzepte zu empfehlen, die die Vielzahl verschiedener Nutzungsinteressen in der jeweiligen Region berücksichtigen.
Autorin: Elisa Rose, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Wasser Berlin